Lange war es eine feste Spielregel bei Startup-Finanzierung: Ein Startup, das nach einer Finanzierung für sein Wachstum sucht, greift auf Risikokapital von VC-Fonds oder Business Angels (Angel Investoren) zurück. Dafür verkauft es Unternehmensanteile und erhält Eigenkapital. Für Gründende war es nicht selten eine "Take it or leave it"-Situation.
Ganz so schwarz und weiß sieht die Finanzierung von Startups heute nicht mehr aus. Jungen Unternehmen stehen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehört auch das so genannte non dilutive Funding oder nicht-verwässernde Finanzierung.
Insbesondere mit alternativen Finanzierungsformen erhalten Startups dazu Zugang. Non dilutive Funding ist zu einer relevanten Option geworden und hat sich seinen Platz am Tisch erkämpft.
In diesem Artikel erfährst du, was eine nicht-verwässernde Finanzierung ist, warum es vor allem für Startups relevant ist und welche Kriterien eine Rolle spielen.
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Funding berechnenWas ist non dilutive Funding?
Non dilutive Funding ist eine Finanzierungsform, bei der ein Unternehmen sich nicht über den Verkauf eigener Unternehmensanteile finanziert. Die Eigentumsverhältnisse bleiben gleich. Die Anteile verwässern nicht.
Damit ist non dilutive Funding das Gegenteil einer Venture-Capital-Finanzierung. Hierbei werden Anteile gegen Risikokapital (Eigenkapital) verkauft und es kommt zu einer Verwässerung. Bei non dilutive Finanzierungen erhalten Startups hingegen Fremdkapital, meist über einen Kredit. Sie nehmen also Schulden auf.
Arten des non dilutive Fundings für Startups
Für Startups gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um nicht-verwässerndes Kapital zu erhalten. Viele davon kommen aus dem Bereich der alternativen Finanzierungen und haben sich erst in den vergangenen Jahren als Finanzierungsinstrument etabliert.
Venture Debt
Venture Debt ist ein Risikokredit, den Startups kurz nach oder gleichzeitig zu einer VC-Finanzierung aufnehmen. Es wird zur Wachstumsfinanzierung genutzt und sorgt dafür, dass ein Unternehmen zwischen zwei Eigenkapitalfinanzierungen liquide bleibt.
Mit Venture Debt können Startups große Summen (bis zu €50 Mio.) an Fremdkapital aufnehmen, ohne im ersten Schritt ihre Anteile zu verwässern.
Allerdings sind solche Risikokredite nicht zwangsläufig non dilutive. In manchen Fällen beinhalten sie Warrants und Equity Kicker. Diese können Venture-Debt-Lender zu einem späteren Zeitpunkt in Anteile oder eine Beteiligung umwandeln. Dann kommt es zu einer Verwässerung.
Alternative Debt Funding
In den vergangenen Jahren sind eine Vielzahl von neuen Finanzinstrumenten entstanden, die die Funding-Landschaft umkrempeln. Fintechs bieten alternative Fremdkapitalfinanzierungen an, die auf die Bedürfnisse von Startups und Wachstumsunternehmen zugeschnitten sind.
Diese Fintechs setzten auf datengetriebene Analysen und automatisierte Prozesse. Ihre Risikobewertung konzentriert sich auf bestimmte Finanzmetriken, wiederkehrende Umsatzströme und die Unit Economics von Startups. Die Kapitalvergabe ist speziell auf Startups zugeschnitten.
Alternative Fremdkapitalfinanzierungen haben mehrere Vorteile:
- Startups können die genau für sie passende Summe erhalten,
- sie sind nicht-verwässernd,
- sie bieten flexible Bedingungen zur Rückzahlungen an,
- sie ermöglichen eine angepasste Nutzung und
- sie sind nicht mit Warrants oder Covenants verbunden.
Im Mittelpunkt dieser Finanzierungsart steht der tatsächliche Kapitalbedarf eines Startups.
Revenue Based Financing (RBF)
Bei einer umsatzbasierten Finanzierung wie Revenue Based Financing erhalten Investor:innen im Gegenzug für ihr Investment einen vorab festgelegten monatlichen Prozentsatz am Umsatz des Unternehmens. Diese Art der Finanzierung ist non dilutiv. Es werden keine neuen Gesellschafter:innen mit an Bord geholt. Vor allem für Startups mit wiederkehrenden Einnahmen ist Revenue Based Financing interessant.
Recurring Revenue Financing (RRF)
Recurring Revenue Financing ist eine weitere Form der umsatzbasierten Finanzierung. Die Finanzierungssumme und die Kosten orientieren sich am Risikoprofil des Unternehmens und an der Summe, die das Unternehmen aufnehmen möchte. Die Anwendungsfälle von RRF und RBF sind gleich – nur Rückzahlungen und Kostenprofile unterscheiden sich.
Bankredit
Der Unternehmenskredit einer Bank ist wohl die klassischste Form eines non dilutive Fundings. Allerdings kommt er für viele Startups nicht in Frage. Sie erzielen noch keine festen Umsätze und können kaum Sicherheiten bieten, die für Banken relevant sind. Vielen traditionellen Geldhäusern ist das Geschäft mit jungen Unternehmen deshalb zu risikoreich.
Term Loan
Ähnlich wie ein Bankkredit ist auch ein Term Loan ein non dilutive Finanzierungsinstrument. Es muss über einen bestimmten Zeitraum (bis zu zehn Jahre) zurückgezahlt werden. Startups erhalten Fremdkapital in Form einer einmaligen Auszahlung. Als Lender treten Fonds oder Fintechs auf. Die Rückzahlungen und Zinsen werden vorab festgelegt und bleiben während der gesamten Laufzeit gleich.
Das erhöht einerseits die Planungssicherheit für das Startup, führt gleichzeitig aber auch zu höheren Kapitalkosten, da Unternehmen viele Jahre an die Rückzahlungen und Bedingungen eines Term Loans gebunden sind (Lock-in-Effekt). Außerdem muss ein Term Loan auch dann bedient werden, wenn das Startup nicht wie geplant wächst oder Gewinne erzielt.
Staatliche Zuschüsse
Auch von staatlicher Seite gibt es eine Vielzahl von non dilutive Finanzierungsoptionen. Akteure wie die Europäische Investitionsbank oder die KfW vergeben Förderkredite und Zuschüsse an Startups zu vergünstigten Konditionen. Diese werden auch Grants genannt.
Besonders Projekte im Bereich R&D werden finanziert. Die Kapitalvergabe ist streng an den Verwendungszweck geknüpft. Für eine staatliche Förderung kommen deshalb vor allem Startups in Frage, die einen engen Bezug zur Wissenschaft haben. Dazu gehören etwa solche aus den Bereichen Biotech, Healthtech oder Climatetech.
Friends & Family
Ein Kredit von Family & Friends ist eine weitere nicht-verwässernde Finanzierungsoption für Startups, insbesondere in der Anfangsphase. Startups erhalten eine Finanzierung mit günstigen Konditionen und flexiblen Rückzahlungsbedingungen.
Bootstrapping
Bootstrapping, Eigen- oder Innenfinanzierung ist vermutlich die unabhängigste Form der Unternehmensfinanzierung. Gründende wachsen aus den Mitteln, die sie selbst erwirtschaften oder die aus ihrer eigenen Tasche kommen. Sie holen sich keine externen Investor:innen an Bord und behalten die volle Kontrolle.
Vorteile von non dilutive Funding
Für Startups haben non dilutive Fundings vor allem drei Vorteile:
- Sie geben keine weitere Kontrolle an Dritte ab und behalten mehr Ownership über ihr eigenes Unternehmen.
- Sie können ihre Kapitalkosten im Voraus besser planen und dadurch effizienter gestalten.
- Sie behalten mehr Anteile und bleiben für Folgefinanzierungen weiterer Investor:innen interessant.
Keine Verwässerung der Anteile, weniger Kontrollverlust
Beim Verkauf von Unternehmensanteilen erhalten die neuen Gesellschafter:innen auch entsprechende Rechte. Das hat Auswirkungen auf das Unternehmen und seine Ausrichtung.
Für neue Investor:innen heißt das:
- Sie erhalten Mitbestimmungsrechte in wichtigen strategischen Entscheidungen des Unternehmens.
- Sie erhalten einen Platz in der Vorstandssitzung (Board Meeting) des Unternehmens.
- Sie erhalten Kontrollrechte in Form von Informations- und Auskunftsrechten.
Für Gründende heißt das:
- Sie haben weniger Kontrolle über ihr Unternehmen.
- Bei wichtigen strategischen Entscheidungen müssen sie sich mit Dritten abstimmen.
- Sie behalten weniger Anteile im Unternehmen. Die Verwässerung nimmt zu.
- Je nach Verteilung der Unternehmensanteile kann das Startup für künftige Investor:innen weniger attraktiv sein. Je mehr Gesellschafter:innen ins Boot geholt werden, desto stärker verwässert der Cap Table.
Geringere Kapitalkosten
Was viele Gründende unterschätzen: Auch bei Venture Capital kann es hohe Kapitalkosten geben – sie werden nur zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt spür- und sichtbar.
Risikokapital von Venture-Capital-Fonds oder Business Angels verursacht implizite Kapitalkosten. Zu diesen impliziten Kosten gehört einerseits der Verlust von Kontrolle. Andererseits profitieren die Gründenden bei einem Exit oder IPO weniger von der Wertsteigerung ihres Unternehmens. Diese Kosten liegen meist mehrere Jahre in der Zukunft. Sie sind deshalb im Moment des Fundings weitaus weniger präsent.
Die Kapitalkosten werden Realität, wenn Teile des Erlöses beim Unternehmensverkauf nicht an die Gründenden (oder Mitarbeitenden) gehen, sondern an die Investor:innen.
Beim non dilutive Funding ist das nicht immer der Fall. Das Startup gibt keine Anteile ab und behält die Kontrolle. Zwar fallen auch hier Kapitalkosten an, diese sind jedoch bekannt und können deshalb effizienter gestaltet werden.
Nachteile von non dilutive Funding
Non dilutive Finanzierungen haben zwar viele Vorteile für Unternehmen, es gibt allerdings auch Nachteile:
- Begrenzte Summen: Bei non dilutive Finanzierungen erhalten Unternehmen in der Regel geringere Kapitalbeträge. Gerade für Sartups, die stark wachsen, sind VCs oftmals die attraktivere Alternative hinsichtlich der Finanzierungssumme.
- Rückzahlung: Non dilutive Finanzierungen gehen in der Regel mit Rückzahlungen (Tilgung + Zinsen) einher. Das sollte gerade für junge Unternehmen nicht zur Belastung werden.
Wann ist non dilutive Funding relevant?
Sobald ein Startup über seine nächste Finanzierung nachdenkt, sollte es die verfügbaren non dilutive Optionen prüfen. Denn non dilutive bedeutet immer: Ich muss keine Anteile abgeben und behalte damit mehr Kontrolle über mein Unternehmen.
Da Investor:innen bei einer non dilutive Finanzierung üblicherweise Fremdkapital ausgeben, steht diese Finanzierungsform eher Startups zur Verfügung, die die Gründungsphase überstanden haben und Umsätze erzielen.
Je nach Anwendungsfall lässt sich Fremdkapital flexibel und individuell ausgestalten. Es eröffnet jungen Unternehmen die Chance, keine Anteile abzugeben und mehr Kontrolle zu behalten. Viele Startups schließen Fremdkapital deshalb nicht mehr kategorisch aus, sondern beziehen es aktiv in ihre Finanzplanung mit ein.
Denn: Für jede Investition gibt es mittlerweile das richtige Finanzinstrument. All-in-one-Lösungen sind seltener geworden. Der Capital Stack eines Unternehmens wird diverser, da Gründende die Vorteile verschiedener Kapitalquellen erkennen.
Um bestmöglich davon zu profitieren, sind drei Fragen relevant:
- Wofür brauche ich das Kapital und welche Finanzierungsform ist die beste für mein Investment?
- Wie sieht das Geschäftsmodell der Investor:innen aus und welche Auswirkungen hat das auf mein Startup?
- Wie viel Risiko möchte ich eingehen für das Kapital, das ich erhalte?
Beispiele für non dilutive Funding
Eine nicht-verwässernde Finanzierung kann bei der Erreichung verschiedener Ziele in Frage kommen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
- Der niederländische Webhosting-Anbieter Cloud86 bewahrt sich nicht nur seine Unabhängigkeit, sondern nutzt non dilutive Funding auch zum Wachstum.
- TabTool nutzt non dilutive Funding, um sich einen flexiblen Zugang zu mehr Liquidität zu sichern.
- Exporto treibt mit non dilutive Funding seine Internationalisierung voran und verwässert seine Kapitalanteile dabei weniger stark.
Was müssen Startups vorbereiten?
Da es sich um eine Finanzierung mit Fremdkapital handelt, gelten andere Bedingungen als bei Investitionen von VCs oder Business Angels. Startups sollten:
- Vorab genau evaluieren, welche non dilutive Funding-Methode die richtige für sie ist.
- Sich im Klaren darüber sein, wie viel Kapital sie zu welchem Zeitpunkt und für welche Art von Investition benötigen.
- Alle relevanten finanziellen Metriken und Daten parat haben.
- Sich bewusst sein, dass Fremdkapital in der Regel zwar nicht-verwässernd ist, aber dennoch Fremdkapital aufgenommen wird, das inklusive Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Das beeinflusst den zukünftigen Cashflow.
Klar ist aber auch: Ein non dilutive Funding kann auch "Gütesiegel" für Startups sein. Wer in der Lage ist, Fremdkapital aufzunehmen und dieses auch mit Zinsen zurückzahlen kann, der zeigt finanzielle Reife.
Das Geschäftsmodell wird im Zuge einer Fremdkapitalfinanzierung von Lendern genau geprüft. Das bietet VCs wiederum erste Anhaltspunkte, ob sich eine Investition in ein solches Unternehmen lohnt.
Ist non dilutive Funding das richtige für mein Unternehmen?
Trotz der aktuell schwierigen Lage: Venture Capital spielt weiterhin eine große Rolle für Startup-Finanzierungen. Daran wird sich auch künftig wenig ändern. Denn VCs stellen jungen, wenig erprobten Geschäftsmodellen die nötigen Summen bereit und gehen entsprechend ins Risiko. Andere Kapitalgeber:innen können das in diesem Umfang nicht leisten.
Allerdings ist eine VC-Finanzierung nicht immer die beste Lösung. Startups schauen sich nach Alternativen um, weshalb "Take it or Leave it"-Situationen seltener geworden sind.
Die Anzahl der alternativen Finanzierungsinstrumente ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Dabei erlebt vor allem Fremdkapital einen Aufschwung – gerade bei Startups, die die ersten Geschäftsjahre hinter sich haben.
Jede Finanzierung ist individuell, ebenso sollte es auch das Finanzinstrument sein. So können Gründende die richtige Art der Finanzierung, die richtige Summe und den richtigen Zeitpunkt selbst bewerten. Die Auswahl an Finanzierungsinstrumenten haben sie dafür bereits vor sich liegen.
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