Dein Startup hat gerade einen großen Deal abgeschlossen. Ihr feiert, bis du auf die Zahlen schaust. Die Zahlung des Kunden kommt erst in zwei Monaten. Doch Miete, Löhne und Lieferantenrechnungen sind bald fällig. Jetzt entscheidet die Liquidität, ob dein Unternehmen reibungslos weiterläuft oder ins Schleudern gerät.
Liquiditätskennzahlen helfen dir, eine zentrale Frage zu beantworten: Können wir unsere Rechnungen bezahlen? Sie sind unverzichtbar für Gründer:innen, CFOs und Controller. Sie zeigen, ob dein Unternehmen unerwartete Kosten, Zahlungsverzögerungen oder wachstumsbedingten Cash Burn überstehen kann.
Was du in diesem Artikel lernst
- Was Liquiditätskennzahlen sind und was sie über die kurzfristige finanzielle Gesundheit aussagen
- Wie du jede Kennzahl berechnest und interpretierst, mit Beispielen
- Was diese Kennzahlen leisten können und wo ihre Grenzen liegen
Das Wichtigste in Kürze
- Liquiditätskennzahlen bewerten die Fähigkeit eines Unternehmens, kurzfristige Verpflichtungen zu erfüllen. Sie zeigen, ob genug liquide Mittel vorhanden sind, um offene Verbindlichkeiten ohne externe Finanzierung zu begleichen.
- Zu den wichtigsten Kennzahlen zählen Current Ratio, Quick Ratio und Cash Ratio. Jede zeigt auf andere Weise, wie leicht sich Schulden mit Cash, Forderungen oder anderen kurzfristigen Vermögenswerten begleichen lassen.
- Liquiditätskennzahlen sind hilfreich, aber nicht allein entscheidend. Kombiniere sie mit anderen Kennzahlen wie Rentabilität, Effizienz oder Verschuldung für ein vollständiges Bild.
Doch bevor wir in Formeln und Typen eintauchen, müssen wir klären, was Liquiditätskennzahlen eigentlich sind.
Definition: Was sind Liquiditätskennzahlen?
Liquiditätskennzahlen sind Instrumente der Finanzanalyse. Sie prüfen, ob ein Unternehmen seine kurzfristigen Verbindlichkeiten mit Vermögenswerten begleichen kann, die sich schnell in Bargeld umwandeln lassen. Dazu zählen typischerweise: Kasse, Bankguthaben, kurzfristige Forderungen und manchmal Vorräte.
Das Ziel von Liquiditätskennzahlen ist einfach: messen, wie gut dein Unternehmen die nächsten 30 Tage oder 12 Monate übersteht, ohne in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten.
Warum ist das wichtig?
- Du kannst auf dem Papier profitabel sein und trotzdem zahlungsunfähig werden.
- Deine Bilanz kann stark aussehen, aber Rechnungen werden nächste Woche fällig.
- Eine kurzfristige Liquiditätskrise bringt Unternehmen schneller zu Fall als schlechte Gewinne.
Kurz gesagt: Liquiditätskennzahlen sind ein Stresstest für dein finanzielles Überleben.
Du hast nun einen grundlegenden Überblick zu Liquiditätskennzahlen. Nun schauen wir uns die Praxis an. Eine Formel ist zunächst wenig hilfreich, wenn sie dir im Arbeitsalltag nicht dabei hilft, ein Problem zu lösen. Und Liquidität ist eine der wichtigsten Fragen, die ein Unternehmen beschäftigt.
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14 Tage kostenlos testenLiquiditätskennzahlen verstehen: Warum sind sie wichtig?
Liquiditätskennzahlen sind entscheidend für interne Entscheidungen und externes Vertrauen.
Einschätzung der finanziellen Gesundheit
Sie zeigen Gründer:innen und CFOs sofort, ob das Unternehmen kurzfristige Verpflichtungen erfüllen kann.
Bewertung der Kreditwürdigkeit
Banken, Lieferanten und Partner:innen schauen auf diese Kennzahlen, bevor sie Kredite oder Zahlungsziele einräumen.
Investitionsentscheidungen
Für Investor:innen spielt Liquidität eine große Rolle, um sicherzugehen, dass das Unternehmen Engpässe übersteht.
Operative Exzellenz
Sie zeigen, wie gut das Working Capital gemanagt wird. Schlechte Liquidität weist oft auf operative Schwächen hin.
Frühwarnsystem
Sinkende Kennzahlen können vor Risiken warnen und das schon lange bevor die Gewinne einbrechen.
Es ist wichtig zu verstehen, warum Liquiditätskennzahlen von Bedeutung für Unternehmen sind. Aber wie werden sie tatsächlich im täglichen Gebrauch eingesetzt? Wir schauen uns die wichtigsten Aufgaben an, die mit Hilfe von Liquiditätskennzahlen angegangen werden können: vom Forecasting des künftigen Cashflows über die Burn Rate bis zum Austausch mit Investor:innen und Kreditgeber:innen.
Liquiditätskennzahlen Aufgaben
Das sind die zentralen Anwendungsfälle von Liquiditätskennzahlen für Finanzverantwortliche:
- Kurzfristige Zahlungsfähigkeit bewerten: jederzeit wissen, ob anstehende Rechnungen, Gehälter oder Tilgungen bezahlt werden können ohne auf langfristige Rücklagen zurückzugreifen oder Notfinanzierungen zu benötigen.
- Cashflow-Situation im Alltag monitoren: Liquiditätskennzahlen helfen, die operative Zahlungsfähigkeit im Tagesgeschäft zu beobachten. Sie sind ein Frühindikator für Engpässe oder ineffizientes Working Capital Management.
- Mit Wettbewerbern vergleichen (Benchmarking): Der notwendige Liquiditätspuffer ist stark branchenabhängig. SaaS-Unternehmen mit planbaren Einnahmen kommen mit niedrigeren Quoten aus, während Handel oder Produktion höhere Werte benötigen.
- Trends und Risiken frühzeitig erkennen: Eine sinkende Quick Ratio über drei Quartale hinweg? Auch bei steigenden Gewinnen ein Warnsignal. Liquiditätstrends deuten oft früher auf Probleme hin als andere Kennzahlen.
- Planung und Investitionen absichern: Eine große Investition geplant? Neue Märkte im Visier? Wenn die Liquidität angespannt ist, hilft die Kennzahl bei der Entscheidung: umplanen oder extern finanzieren?
- Krisenfestigkeit verbessern: Liquiditätskennzahlen zeigen die Widerstandskraft. In volatilen Zeiten überleben liquide Unternehmen eher, ohne Kündigungen oder Notkapital.
- Zahlungsziele und Rechnungszyklen steuern: Regelmäßiges Tracking hilft, Zahlungsziele besser zu verhandeln und Zahlungsströme intern zu optimieren.
- Vertrauen bei Stakeholdern stärken: Transparente Liquiditätskennzahlen signalisieren Kontrolle – gegenüber Investor:innen, Mitarbeitenden und dem Board.
Diese Anwendungsfälle führen zur nächsten Frage: Wie genau berechnet man Liquiditätskennzahlen? Welche Unterschiede gibt es? Und wie lassen sie sich richtig interpretieren?
Arten von Liquiditätskennzahlen (mit Formeln & Beispielen)
1. Current Ratio (Liquiditätsgrad 3)
- Formel: Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten
- Anwendung: Bietet einen breiten Überblick über die Liquidität, da auch Vorräte und andere weniger liquide Aktiva einbezogen werden.
- Beispiel: 300.000 € Umlaufvermögen / 150.000 € kurzfristige Verbindlichkeiten = 2,0
- Interpretation: Das Unternehmen verfügt über das Doppelte an kurzfristigen Aktiva im Vergleich zu seinen kurzfristigen Verbindlichkeiten. Ein Wert über 1,5 gilt oft als gesund – je nach Branche.
2. Quick Ratio (Liquiditätsgrad 2 oder Acid-Test Ratio)
- Formel: (Umlaufvermögen – Vorräte – aktive Rechnungsabgrenzung) / kurzfristige Verbindlichkeiten
- Anwendung: Strengere Prüfung der Liquidität, da Vorräte ausgeschlossen werden, die sich nicht schnell in Bargeld umwandeln lassen.
- Beispiel: (300.000 € – 50.000 € Vorräte – 10.000 € Abgrenzung) / 150.000 € = 1,6
- Interpretation: Ein Quick Ratio über 1,0 deutet darauf hin, dass das Unternehmen seine kurzfristigen Verbindlichkeiten auch ohne den Verkauf von Vorräten decken kann.
3. Cash Ratio (Liquiditätsgrad 1)
- Formel: (Kasse + kurzfristige liquide Mittel) / kurzfristige Verbindlichkeiten
- Anwendung: Die konservativste Kennzahl. Sie misst die Fähigkeit, Verbindlichkeiten ausschließlich mit verfügbaren liquiden Mitteln zu begleichen.
- Beispiel: 80.000 € liquide Mittel / 150.000 € kurzfristige Verbindlichkeiten = 0,53
- Interpretation: Das Unternehmen könnte 53 % seiner Verbindlichkeiten sofort begleichen. Das ist nicht zwangsläufig schlecht, viele Unternehmen investieren überschüssige Mittel. Ein zu niedriger Wert kann jedoch auf Anfälligkeit hindeuten.
Liquiditätskennzahlen sind sehr gute Indikatoren für die finanzielle Gesundheit von Unternehmen. Aber kein Finanzinstrument ist perfekt. Bevor du Entscheidungen auf Basis dieser Zahlen triffst, solltest du ihre Stärken und Schwächen genau kennen.

Vorteile und Nachteile von Liquiditätskennzahlen
Vorteile von Liquiditätskennzahlen
- Einfach zu berechnen: Es sind keine speziellen Tools nötig, die aktuellen Bilanzkennzahlen genügen.
- Schneller Finanzcheck: CFO oder Gründer:innen können die Liquiditätslage in unter einer Minute bewerten.
- Vergleichbarkeit über Zeit und Unternehmen hinweg: Damit lassen sich Trends nachvollziehen und Benchmarks mit Mitbewerber:innen erstellen, vor allem bei normierter Darstellung.
- Vielseitig einsetzbar: Nützlich für Kreditgeber:innen, Investor:innen, Prüfer:innen und interne Entscheider:innen gleichermaßen.
Nachteile von Liquiditätskennzahlen
- Enger Fokus: Liquiditätskennzahlen sagen nichts über Rentabilität, Skalierbarkeit oder Verschuldungskapazität aus.
- Branchenabhängigkeit: Ein Current Ratio von 1,0 mag für ein SaaS-Unternehmen in Ordnung sein, für ein Logistikunternehmen aber zu knapp.
- Momentaufnahme: Die Werte basieren auf einem Stichtag der Bilanz. Innerhalb eines Monats können sich Zahlungsflüsse stark verändern.
- Manipulierbar: "Bilanzkosmetik" ist möglich, zum Beispiel durch das Hinauszögern von Zahlungen oder das Vorziehen von Einnahmen kurz vor dem Reporting.
Liquidität ist nur ein Puzzlestück deiner finanziellen Gesamtsituation. Ein Unternehmen kann liquide, aber nicht profitabel sein – oder solvent, aber ohne verfügbares Geld. Um nicht in Einzelsichten zu verharren, solltest du Liquiditätskennzahlen immer im Zusammenspiel mit anderen Kennzahlen analysieren.
Liquiditätskennzahlen im Vergleich zu anderen Finanzkennzahlen
Es gibt vier Haupttypen von Finanzkennzahlen. Jede hat einen eigenen Zweck zur Bewertung der finanziellen Gesundheit eines Unternehmens:
- Liquiditätskennzahlen messen die Fähigkeit, kurzfristige Verpflichtungen zu erfüllen. Sie konzentrieren sich auf die Verfügbarkeit von Vermögenswerten wie Bargeld, Forderungen und Vorräten zur Deckung unmittelbarer Schulden.
- Solvenzkennzahlen bewerten die langfristige finanzielle Stabilität. Sie zeigen, ob ein Unternehmen seine Schuldenlast über längere Zeiträume tragen kann, etwa mit der Eigenkapitalquote oder dem Zinsdeckungsgrad.
- Rentabilitätskennzahlen zeigen, wie effizient ein Unternehmen Gewinne erwirtschaftet. Typische Kennzahlen sind Nettogewinnmarge, Eigenkapitalrendite (ROE) und Gesamtkapitalrendite (ROA).
- Effizienzkennzahlen spiegeln wider, wie gut ein Unternehmen seine Ressourcen im operativen Geschäft nutzt. Dazu zählen etwa Lagerumschlag oder Forderungslaufzeiten (DSO), die zeigen, wie schnell Vermögenswerte in Einnahmen umgewandelt werden.
Liquiditätskennzahlen beantworten die Frage: "Können wir nächsten Monat überleben?" Solvenzkennzahlen fragen: "Können wir die nächsten fünf Jahre bestehen?" Nur im Zusammenspiel entsteht ein vollständiges Bild. Aber genug Theorie. Wie sieht das in der Praxis aus?
Praxisbeispiel: Liquiditätskennzahlen im Alltag
Startup Szenario
- Kasse: 120.000 €
- Forderungen: 80.000 €
- Vorräte: 30.000 €
- Rechnungsabgrenzung: 10.000 €
- Kurzfristige Verbindlichkeiten: 150.000 €
Berechnung
- Current Ratio: (120.000 + 80.000 + 30.000 + 10.000) / 150k = 1,67
- Quick Ratio: (120.000 + 80.000) / 150.000 = 1,33
- Cash Ratio: 120.000 / 150.000 = 0,8
Analyse
Das Unternehmen steht solide da. Selbst ohne Verkauf von Vorräten lassen sich Verbindlichkeiten decken. Doch: Sinken die liquiden Mittel oder verzögern sich Zahlungseingänge, wird die Lage schnell kritisch.
Best Practices Liquiditätskennzahlen
- Zielwerte je nach Branche definieren: Ein Hersteller braucht höhere Current Ratios als ein SaaS-Anbieter.
- Wöchentliche oder monatliche Überwachung etablieren, besonders bei schnellem Wachstum oder hoher Cash burn.
- Stressszenarien simulieren: Was passiert bei 60 Tagen Zahlungsverzögerung?
- Mit der Liquiditätsplanung verknüpfen: Kennzahlen zeigen die Vergangenheit und Forecasts die Zukunft.
- Mit dem Burn Rate abstimmen: Für Startups ist Liquidität direkt an die verbleibende Runway gekoppelt.
Du kennst jetzt Definitionen, Formeln, Beispiele und Grenzen. Zeit, ein Fazit zu ziehen – und zu klären, was das alles für deine nächsten Entscheidungen bedeutet.
Zusammenfassung: Liquiditätskennzahlen
Liquiditätskennzahlen sind mehr als nur Finanzmetriken. Sie sind Frühwarnsysteme, Verhandlungshebel und Vertrauensindikatoren. Sie helfen dir dabei: schnell zu erkennen, ob dein Unternehmen zahlungsfähig ist, Risiken im Tagesgeschäft aktiv zu managen und Abläufe realistisch zu planen und mit Wettbewerbern zu vergleichen. Nutze sie klug, betrachte sie im Kontext und nie isoliert.
Q&A: Liquiditätskennzahlen
Was ist ein idealer Liquiditätswert für Startups?
Es kommt darauf an. Für SaaS-Modelle mit planbaren Einnahmen kann ein Quick Ratio von 1,0 ausreichend sein. Unternehmen mit hohen Lagerbeständen sollten eher >1,5 beim Current Ratio anstreben.
Können Liquiditätskennzahlen eine Insolvenz vorhersagen?
Sie helfen, aber allein reichen sie nicht. Kombiniere sie mit Solvenz- und Cashflow-Kennzahlen für fundierte Prognosen.
Sollte man für einen hohen Cash Ratio möglichst viel Bargeld halten?
Nicht unbedingt. Zu viel ungenutztes Kapital bedeutet oft verpasste Wachstumschancen. Die Liquidität sollte immer im Verhältnis zur Rendite stehen.
Wie lassen sich Liquiditätskennzahlen verbessern?
Indem du Forderungen schneller eintreibst, Zahlungsziele bei Lieferanten verlängerst (mit Bedacht), Vorräte reduzierst und kurzfristige Schulden vermeidest.
Sind Liquiditätskennzahlen auch für VC-finanzierte Unternehmen relevant?
Unbedingt. Investor:innen wollen sehen, ob du zwischen Finanzierungsrunden überleben kannst und wie professionell du mit Kapital umgehst.
Kenne deine Cash Position jederzeit
Cashinflow, Cashoutflow, Übersicht über alle Konten und Transaktionen: mit re:cap hast du die volle Kontrolle und Visibilität über dein Geld.
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